USA: Missbrauch im Frauenfußball

  • Schon wieder wird der US-Frauensport von einem Missbrauchsskandal erschüttert: In der Fußball-Profiliga NWSL sollen mehrere Trainer ihre Schützlinge sexuell und emotional misshandelt haben. Die Ligachefin zog nun Konsequenzen.

    Mehr als ein Jahr lang ist eine unabhängige Untersuchungskommission Missbrauchsvorwürfen im US-Frauenfußball nachgegangen. Im nun veröffentlichten Bericht spricht das Gremium von einem "tief verwurzelten" Phänomen in den Vereinen.

  • Der neueste Fall aus dem letzten Monat hinterlässt bei mir ein mulmiges Gefühl und wirft Fragen auf. Was fällt heute alles unter Missbrauch bzw. Ausnutzung? Diesmal steht die Trainerin des aktuellen Meisters der Portland Thornes im Fokus. Rhian Wilkinson (40) bandelte im Laufe des Jahres mit ihrer Abwehrspielerin Emily Menges (30) an. Aus einer Freundschaft wurde mehr. Verein und Verband untersuchten den Fall abseits der Öffentlichkeit und kamen zum Ergebnis, es lag kein Fehlverhalten oder Regelverstoß vor. Doch dann bekamen andere Spielerinnen des Teams Wind davon und gingen an die Öffentlichkeit. Rhian Wilkinson wurde öffentlich angeprangert in einem anonymen Brief aus der Mannschaft. Die Spielerinnen würden sich nicht länger sicher in der Mannschaftskabine fühlen und rückten den Vorfall in eine Linie mit den Missbrauchsfällen der Liga. Weiter wurde auf ein Bruch mit ethischen Standards hingewiesen und auf fehlendes Vertrauen. Sie forderten den Rücktritt der Trainerin. In einem zweiten Schreiben legten sie einen drauf. Durch den ersten Brief, den sie ja selbst veröffentlichten, fürchteten die Spielerinnen zukünftig Repressionen, beschuldigten Wilkinson also vorab sie künftig zu benachteiligen. Wieder wurde ihr Rücktritt gefordert. Am Ende kam es dann auch so. Sie trat zurück ... am selben Tag stellte der Besitzer den Klub zum Verkauf.


    Ist eine Liebesbeziehung innerhalb eines Teams Missbrauch? Muss man deswegen Angst haben? Und was ist mit der Spielerin? Wird die jetzt auch ausgegrenzt? Was haltet ihr von dem Fall?

  • Schlimmer finde ich diese Vorverurteilungen im zweiten anonymen Brief.
    Es könnte ja evtl. Repressalien geben... Wenn das schon ausreicht, dann könnte ja jeder jeden erstmal grund- und haltlos anscheißen und dann im nächsten Schritt Konsequenzen für die Gegenseite fordern. Dann stehst du als Trainer oder Trainerin mal richtig blöd da, ohne irgendwas gemacht zu haben!


    Wenn ich das richtig verstanden habe, geht es doch nur darum, dass Trainerin und Spielerin ein Verhältnis haben. Und das nicht im Kinder- und Jugendbereich.

  • Ein Teil der Mannschaft sieht es als problematisch an aus ethisch-moralischen Gründen. Soweit ich es verstehe, meinen sie, für eine Vorgesetzte wäre es gegenüber einer untergebenen Spielerin schändliches Verhalten. Vorangegangene Missbrauchsfälle in Portland werden in den Köpfen eine Rolle spielen, gehe ich stark von aus. Erst im Oktober gab es im Zuge eines anderen Vorfalls Entlassungen und Ermittlungen. Kann gut sein das in der NWSL derzeit jeder jedem misstraut und vom schlimmsten ausgeht.

  • Wenn man mal das "typisch amerikanische", die Prüderie und das öffentliche Anprangern weglässt, bleibt trotzdem die Situation, dass ein berufliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Beiden besteht.

    Die Trainerin entscheidet, welche Spielerin eingesetzt wird, und damit unter Umständen, ob sie eine Prämie bekommt oder nicht. Aus Sicht von anderen Spielerinnen werden im Zweifel immer mutmassen, dass nicht nur objektive Gründe für die Entscheidungen ausschlaggebend sind.

    Ich will das mal vergleichen mit der Situation, dass auf einem deutschen Gymnasium ein junger Lehramts-Referendar etwas anfängt mit einer 19-jährigen Schülerin (die vielleicht in einem wichtigen Fach von ihm benotet wird). Oder wenn der Bayern-Trainer mit einer Sportjournalistin etwas anfängt, die in einer großen Zeitung für Berichte über Bayern zuständig ist.

    Nagelsmann und Wurzenberger haben relativ schnell die Konsequenzen gezogen indem sie ihre Beziehung öffentlich machten und Wurzenberger sich von der Berichterstattung über die Bayern befreien liess.


    Wie sich die Situation nun bei diesem amerikanischen Fussballclub gestaltete weiß ich nicht. Den ethisch/moralischen Konflikt sehe ich aber schon, aber ich kann nicht beurteilen, ob man ausreichend Massnahmen getroffen hat, um die Situation zu klären. Wenn man die Reaktion der Mitspielerinnen betrachtet, dann scheint dem nicht so.