Spielsysteme und Strategien - Wie sieht der ideale Fußball aus?

  • Die Frage der Wochen 11.04. bis 01.05.:


    Spielsysteme und Strategien - Wie sieht der ideale Fußball aus?


    Raute im Mittelfeld, Dreierkette in der Abwehr oder mit einer Sturmspitze?
    Im Laufe der vielen Jahre Fußballtradition haben sich die unterschiedlichsten Spielsysteme entwickelt. Zwei völlig verschiedene Fußballphilosophien treffen im Halbfinale der Champions League aufeinander: Inter Mailand mit Mourinho und seinem Lieblingsergebnis 1:0 gegen den FC Barcelona, bei dem sich Messi nicht scheut gegen einen europäischen Spitzenclub in einem Spiel vier Treffer zu erzielen.
    Offensiv gegen defensiv.
    Kampfbetont gegen spielerisch überlegen.


    Felix Magath über Jose Mourinho, Barca und seine Philosophie von idealem Fußball:


    Zitat

    Barca kann seine Stärken dann voll ausschöpfen, wenn der Gegner versucht, offen mitzuspielen. So wie es nun beim FC Arsenal der Fall ist. Gegen ManU oder den FC Bayern würde sich Barcelona da wesentlich schwerer tun. .


    Quelle: Kicker, Printausgabe, 06.04.2010, S.11 (Magath-Kolumne)


    Das wirft Fragen auf, die auch über das Halbfinalspiel hinaus bestehen bleiben werden:


    Fußball ist ein Spiel mit festen Regeln, immer wiederkehrenden Abläufen und aus Erfahrung gewonnen Weisheiten. Ist es möglich, das perfekte Spielsystem zu finden? Hat es vielleicht sogar schon jemand gefunden?


    Wie sieht es aus? Taktisch diszipliniert und defensiv oder die Zuschauer unterhaltend und offensiv? Ist eine Mischform wirklich immer die beste Lösung oder einfach nur die einfachste Form der Argumentation?


    Ist es überhaupt erstrebenswert, den Fußball immer weiterzuentwickeln oder könnte das den Sport uninteressant machen?


    Hier sollt ihr die Möglichkeit bekommen, eure Fußballtrainer-Phantasien auszuleben. Wenn ihr euch mit den besten Spielern der Welt ein System aussuchen könntet, welches würdet ihr die Mannschaft trainieren lassen? Worauf würdet ihr Wert legen? Gibt es besondere Spiele aus der Vergangenheit, die euch in dieser Hinsicht maßgeblich beeinflußt haben?


    Zwei einleitende Statements von Lukas und mir, auf die ihr euch in der folgenden Diskussion gerne beziehen dürft:


    Lukas120991: "Kampfbetonter Fußball erweckt bei mir Sympathie-Gefühle!"


    Zitat

    Wenn ich darüber nachdenke, welche Art von Fußball "perfekt" ist, muss ich einfach mal bei mir selbst anfangen. Ich bin kein guter Fußballer, doch wenn ich spiele, probier ich, alles zu geben. Demnach lass ich mich eher auf kampfbetontes Spiel ein.


    Genau so sehe ich das auch, wenn ich mich mit Profifußball beschäftige. Da sind mir Mannschaften, die hart zu Werke gehen, garantiert lieber als Mannschaften, die mit technischen Kabinettstückchen aufhorchen lassen - also eine reine Identifikationsfrage.


    Das imponiert mir auch bei Schalke 04 in dieser Saison. Es wird kritisiert, dass der Fußball nicht gerade schön ist. Das stimmt vielleicht. Doch gerade diese Art verspürt etwas ehrliches und in seinem Fundament stabiles. Das gefällt mir.


    Funky: "Mehr taktische Schulung für die Bundesliga"


    Zitat

    Zwei Dinge finde im Bezug auf die Bundesliga interessant: Zum Einen sehen deutsche Vereinsmannschaften gegen französische und italienische Clubs, die für taktische Disziplin bekannt sind, in immer wiederkehrenden Zeitabschnitten sehr schlecht aus. Zum Anderen schafft es Schalke durch eine gute Defensive und taktisch-diszipliniertes Spiel in dieser Saison um die Meisterschaft mitzuspielen, obwohl die Kader-Qualität niemals stärker ist als die der Mannschaften unmittelbar hinter Schalke.


    Für mich hat das einen Grund: In der Bundesliga wird Taktik sehr vernachlässigt. Das wiederum macht den Reiz unserer Liga aus. Spiele in der Bundesliga sind attraktiv und es fallen zumeist viele Tore. Das erfolgreichste Spielsystem ist für mich das eher defensiv, taktisch-geprägte, welches die Räume eng macht und auf schnelle, überfallartige Konter setzt. Das schönere und damit für die Zuschauer bessere Spielsystem ist das genaue Gegenteil. Da ist taktische Unfähigkeit einfach unterhaltsamer. Deswegen ist es wahrscheinlich nicht wünschenswert, den Fußball zu perfektionieren.


    Auf gute Diskussionen... :)

  • Zitat

    Hier sollt ihr die Möglichkeit bekommen, eure Fußballtrainer-Phantasien auszuleben. Wenn ihr euch mit den besten Spielern der Welt ein System aussuchen könntet, welches würdet ihr die Mannschaft trainieren lassen? Worauf würdet ihr Wert legen? Gibt es besondere Spiele aus der Vergangenheit, die euch in dieser Hinsicht maßgeblich beeinflußt haben?


    Ein 4-3-3 wie bei Barca, mit schnellem, direkten Kurzpassspiel und hoher Laufbereitschaft

  • 4-3-3 is eh das beste System, schön über die Flügel, Angriff auf Angriff
    immer schön an die Grundlinie und vorne rein, da kommt immer was raus

    "Wenn man ein 0:2 kassiert, dann ist ein 1:1 nicht mehr möglich."
    Aleksandar Ristic

  • Na dann antworte ich doch gleich mal auf die Frage. Es gibt den idealen Fußball nicht, genauso wenig wie es das perfekte Spielsystem gibt.
    Zum einen lechzen die Fans nach Erfolg mit ihrer Mannschaft. Zum anderen wird aber auch immer ein attraktiver und offensiver Fußball gefordert.
    Oftmals bedeutet das einen Zielkonflikt. Es ist kaum möglich erfolgreich UND attraktiv zu spielen.


    Zurzeit schafft dieses Kunststück nur Barca, gespickt mit absoluten Weltklassespielern und einem Wunderkind. Pep Guardiola hat gar nicht das Spielermaterial um mauern zu lassen. Also richtet er seine Mannschaft von Grund auf offensiv aus. Durch die enorm schnell und wuchtig vorgetragenen Angriffe hat der Gegner praktisch keine Möglichkeit selbst nach vorne zu spielen, denn jeder kleine Fehler in der Defensive, jede kleine Lücke wird eiskalt ausgenutzt. Barca agiert also nach dem Prinzip "Angriff ist die beste Art der Verteidigung".


    Mourinho und Inter dagegen verschreiben sich von vornherein der Defensive. Ein 1-0 ist auch ein Sieg und Erfolg ist dadurch möglich. Allerdings bleibt die Attraktivität auf der Strecke. "In der Abwehr werden die Spiele gewonnen" heißt die Devise. Mourinho benötigt deshalb spieler, die sehr diszipliniert spielen, taktische Anweisungen präzise umsetzen und körperlich robust sind.


    Wie man sieht, haben beide Trainer ihre Philosophie und tätigen Transfers in erster Linie nach den Kriterien dieses Systems.
    Bei Barca sieht es so aus als würden beide Komponenten, Erfolg und Attraktivität, erfüllt. Allerdings haben sie noch nicht gegen Inter gespielt. Die Chance, dass der Erfolg auf der Strecke bleibt, ist gar nicht mal so gering. Mourinho ist ein taktisches Genie, kann seine Mannschaft perfekt auf den Gegner einstellen, erkennt die Schwächen des Gegenübers und nutzt sie aus.


    Fazit: Das perfekte Spielsystem enthält zwei Komponenten: Erfolg und Attraktivität. Allerdings bin ich der festen Überzeugung, dass diese beiden Ziele einen Konflikt darstellen und nicht dauerhaft vereinbar sind.
    Übertragen auf das Barca - Inter bedeutet das, dass Barcelona dieses Spiel vielleicht gewinnen mag. Allerdings wird ihre Schwächephase kommen, das reine Offensivkonzept nicht mehr greifen und die Komponente Erfolg somit ausbleiben.


    Das ideale Spielsystem gibt es also nicht. Viel wichtiger ist es, dass der Trainer die Fähigkeit besitzt immer das richtige Mittel auf das System des Gegners zu finden. Das ist die eigentliche Kunst des Trainerjobs.

  • Mit den besten Spielern der Welt würde ich ein 4-1-2-2-1 System spielen lassen, extrem defensiv.


    Die Viererabwehrkette ganz normal mit zwei Außenverteidigern.


    Der eine Mann vor der Abwehr sollte als ein Mittelding aus DM und Libero agieren, vom Typ her also jemand wie Xavi, gutes Auge für das Abfangen von Pässen, Zweikampfstärke. Attribute wie Kopfballstärke etc. würde ich hier vernachlässigen, das sollte nicht die Aufgabe sein. Lieber als unmittelbarer Abfangjäger oder Spieler, der mit in die Abwehr einrückt, wenn ein gegnerischer Mittelfeldspieler in den Sturm auflöst.


    Die zwei Mann davor wären dann die bekannte Doppelsechs, am besten so ein Duo (von der Spielanlage her) wie van Bommel und Schweinsteiger. Robuste, laufstarke Spieler, die körperlich präsent sein und als Schaltstation dienen sollen. Guter Antritt, Kopfballstärke und schnelle Auffassungsgabe sind hierbei wichtige Eigenschaften, auf denen mein System fußen würde.


    Die nächsten beiden wären dann die offensiven Außen, auch hier gefällt mir die Bayernpaarung mit Ribèry und Robben. Die Vorteile einer solchen Flügelzange sollten bekannt sein. Man kann das Spiel breit machen, die Dribblings öffnen Räume für die Mitspieler oder ermöglichen den eigenen Torabschluss. Auch eine vorhandene Beidfüßigkeit wäre äußerst produktiv, da man so Seiten tauschen und den Gegner verwirren kann. Durch die beidseitige Möglichkeit der Angriffseröffnung lässt sich auch ein schwacher Tag des LOM bzw. des ROM ausgleichen.


    Für den Erfolg des Systems wäre außerdem ein kantiger, ballsicherer und kopfballstarker Mittelstürmer unabdingbar. Hier würde ich einen Spieler wie Ibrahimovic wählen. Er kann die Flanken der Außen verwerten, ist am Boden gleich stark und ist auch in der Lage, als sogenannter Wandspieler Torschussvorlagen für die nachrückenden, zentralen Mittelfeldspieler zu liefern.


    Müsste ich für dieses System jetzt wirklich elf Spieler auswählen, würde dies folgendermaßen aussehen. Wie gesagt, ich denke, dass dieses System mit faktisch 8 defensiven Spielern (inkl. Torwart) nur von absoluten Weltklasseleuten umsetzbar wäre. (Mannschaftsteile je von links nach rechts)


    Torwart: Ist ja im Prinzip nicht systemrelevant, aber der Beste ist für mich nunmal Casillas.


    Abwehr: Lahm, Vidic, Terry, Maicon


    Mann zwischen Abwehr und Doppelsechs: Xavi


    Doppelsechs: Carrick, Osman


    LOM und ROM: David Silva, Kroos


    Stürmer: Gomez

  • Es kommt immer drauf an. Als FC Köln mit den diesjährigen Möglichkeiten kann ich nicht gegen Bayern spielen, wie ich gegen Hannover spielen würde.


    Als Fan einer Mannschaft ist mir letzten Endes der Erfolg dann doch wichtiger als die Schönspielerei. Als Freund des Sports und als neutraler Zuschauer freue ich mich natürlich aber mehr über schnelles, offensives Spiel mit vielen Toren ;)

  • Ich nenne euch jetzt auch mal mein Wunschssystem:


    Würde hinten mit einer Viererkette spielen, die Vorteile sind klar, man kann Angriffe sehr gut durch eine funktionierende Abseitsfalle aufhalten, zudem können die Außenverteidiger auf den Außenbahnen auch für zunehmenden Druck sorgen.


    Vor der Abwehr würde ich mit einem absoluten kopfballstarken Abräumer spielen. Viele Abstöße landen doch genau auf der Position vom 6er. Hat man da einen kopfballstarken Spieler wie z.B. Yaya Toure, der mit seiner Statur einen Vorteil hat, kann man viele Bälle schon mal erobern. Dann müsste dieser 6er noch das Auge und die Spiellesefähigkeit wie ein Xavi besitzen. Somit wäre das ideal.


    Davor würde ich eine offensive Dreier-Reihe stellen, also ziemlich offensiv, und eben mit Pressing, das was Hoffenheim lange praktiziert hat. Das war absolut gigantisch und wenn man das so durchsetzen kann, dann kann man jeden Gegner überrumpeln.


    Als Spielmacher bräuchte man so einen wie Misimovic. Er hat wie schon der 6er die Übersicht, kann die Bälle gut verteilen und die schnellen Außenbahnen einsetzen. Zudem kann er auch mal ein Tor reinmachen, auch aus dem Stand und das ist für die Unberechenbarkeit einfach wichtig.


    An seinen Seiten eine Mischung aus Odonkor, Olic und Messi. Starke schnelle Dribbler, die voll reinhauen und auch mit nach hinten arbeiten.


    Vorne dann zwei absolute Brecher, die die Bälle auch ablegen können. Duo wäre idealerweise eine Mischung aus Drogba, Gomez und Ibrahimovic. Wenn sie Bälle ablegen, dann auf den Partner oder auf die schnellen außen, oder eben zentral vor den Strafraum, damit der Spielmacher abschließen kann.


    Insgesamt also sehr offensiv, defensiv quasi die Formation 4-3-1-2, ansonsten eben 4-1-3-2! Das Umschalten muss eben verdammt gut klappen, was Voraussetzung wäre. Das lief bei Hoffenheim ziemlich gut in der Vorrunde 08/09!